Was ist Vorhofflimmern
Was ist Vorhofflimmern?
Vorhofflimmern und Vorhofflattern sind häufige Störungen des Herzrhythmus. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens steigt mit zunehmendem Alter, aber auch bei Bluthochdruck, Herzklappenerkrankungen, Verengungen der Herzkranzgefäße oder Diabetes deutlich an.
Auch Leistungssport in einigen Ausdauersportarten kann zu einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Vorhofflimmern führen.
Wie entsteht Vorhofflimmern?
- Vorhofflimmern entsteht meist in Muskelzellen an der Einmündung der Lungenvenen in den linken Vorhof. Von dort ausgehend kommt es zu einer "chaotischen", ungeordneten elektrischen Erregung, die sich auf die beiden Herzvorhöfe ausbreitet.
- Dadurch, dass die Herzvorhöfe nicht mehr gleichmäßig und synchron elektrisch erregt werden, verlieren die Herzvorhöfe an Kraft und können das Blut nicht mehr richtig in die Herzkammern treiben.
- In der Folge verliert das Herz etwa 20% seiner maximalen Leistungsfähigkeit.
Ist Vorhofflimmern gefährlich?
Vor Allem zu Beginn der Erkrankung tritt das Vorhofflimmern häufig nur sporadisch und kurz auf. Dennoch ist Vorhofflimmern nicht ungefährlich:
- Durch die Herzrhythmusstörung fließt das Blut in den Vorhöfen deutlich langsamer. Dadurch kann es, meist an einer speziellen Stelle, dem linken Vorhofohr, zur Entstehung von kleinen Blutgerinnseln kommen. Diese Blutgerinnsel können ins Gehirn gespült werden und dort einen Schlaganfall verursachen.
- Mit zunehmender Dauer kommt es zur zunehmenden Vergrößerung der Vorhöfe und zu Umbauvorgängen an der Zellstruktur, die eine erfolgreiche Behandlung unwahrscheinlicher werden lassen.
- Vor Allem bei längerem Auftreten von Vorhofflimmern mit einer schnellen Überleitung auf die Herzkammern (Tachyarrhythmie) von mehr als 100 bis 110 Schlägen pro Minute kann es zum zunehmenden Leistungsverlust der Herzkammern und damit zur Herzschwäche kommen.
- Durch den unregelmäßigen Herzschlag und die Folgen des unbehandelten Vorhofflimmerns leidet die Lebensqualität oft erheblich.
Nähere Information für Patienten erhalten Sie auch bei der Deutschen Herzstiftung.
Wie behandeln wir Vorhofflimmern
Risikoanalyse und Blutverdünnung
Bei neu entdecktem Vorhofflimmern nehmen wir zunächst eine Analyse der Risikofaktoren vor:
Abhängig von Alter, Geschlecht und möglichen Vorerkrankungen soll eine effektive Blutverdünnung das Auftreten von Schlaganfällen verhindern. Dabei ist zu beachten, dass ASS (Aspirin®) kein effektiver "Blutverdünner" ist!
Eine effektive Blutverdünnung ("Antikoagulation") ist auch unabhängig von den genannten Risikofaktoren immer dann erforderlich, wenn eine Kardioversion erfolgen soll.
Eine wirksame Blutverdünnung wird daher von uns unmittelbar nach Diagnosestellung verordnet. Hierfür kommen heute meist sogenannten NOAKs ("Neue orale Antikoagulanzien") zum Einsatz, die je nach Wirkstoff ein- oder zweimal am Tag eingenommen werden müssen. Eine regelmäßige Messung der Blutgerinnung und Dosisanpassung ist im Gegensatz zum alten Falithrom® ("Quick-Wert Messung") nicht mehr erforderlich.
Frequenz- oder Rhythmuskontrolle?
Vor allem zu Beginn des Vorhofflimmerns streben wir in der Regel eine Kontrolle des Herzrhythmus, also das Wiederherstellen des normalen Sinusrhythmus an ("Rhythmuskontrolle" als Therapieziel).
Bei häufigen und rasch nach Wiederherstellung des Sinusrhythmus aufgetretenen Rezidiven des Vorhofflimmerns auch nach Ausschöpfen von allen medikamentösen und / oder elektrophysiologischen Maßnahmen, aber auch bei hohem Alter sowie natürlich auf Wunsch des Patienten kann das Vorhofflimmern auch akzeptiert werden und durch Medikamente auf eine normale Herzfrequenz zwischen 60 und 100 /min in Ruhe eingestellt werden ("Frequenzkontrolle" als Therapieziel). Hierfür kommen Medikamente zum Einsatz, welche die Überleitung der elektrischen Erregung auf die Herzkammern bremsen. Das Vorhofflimmern selbst wird dabei akzeptiert.
Elektrokardioversion: Wiederherstellung des Sinusrhythmus
Wenn wir die Wiederherstellung des Sinusrhythmus planen, muss in der Regel zunächst ausgeschlossen werden, dass sich im linken Vorhof und linken Vorhofohr bereits Blutgerinnsel gebildet haben. Diese könnten nach der Kardioversion weggespült werden und einen Schlaganfall verursachen. Da das linke Vorhofohr nicht im Ultraschall von außen, sondern ausschließlich bei der Echokardiokardiographie über die Speiseröhre einsehbar ist, erfolgt kurz vor der geplanten Kardioversion eine transösophageale Echokardiographie.
Sofern hier die Bildung von Blutgerinnseln ausgeschlossen wurde, erfolgt direkt danach die Elektrokardioversion durch Herrn Dr. Hettwer, der in dieser Maßnahme sowie der Behandlung von möglichen Komplikationen äußerst erfahren ist.
- Hier wird zunächst mit einem Monitor kontinuierlich Ihr EKG und die Sauerstoffsättigung des Bluts überwacht und der Blutdruck engmaschig gemessen; zusätzlich erhalten Sie Sauerstoff.
- Dann erfolgt eine Kurznarkose, für die wir in der Regel das Kurznarkotikum Propofol verwenden. Dabei werden Sie tief schlafen, jedoch selbst atmen können.
- Wenn die gewünschte Narkosetiefe erreicht ist, erfolgt die Abgabe von einem oder zwei Elektroschocks von außen, wodurch der normale Herzrhythmus wieder hergestellt wird.
Obwohl die Kurznarkose und Elektokardioversion nur etwa fünf Minuten dauert, werden Sie anschließend noch einige Zeit in der unserer Praxis am Monitor überwacht. Planen Sie bitte für den gesamten Aufenthalt in unserer Praxis bis zu vier Stunden ein.
Der anhaltende Erfolg der Prozedur wird einige Tage später in unserer Praxis mittels eines EKG kontrolliert.
Therapieoptionen nach der Kardioversion
Durch spezielle Medikamente soll das Wiederauftreten des Vorhofflimmerns verhindert werden. Hierfür kommen meist Betablocker zum Einsatz. In speziellen Fällen sind jedoch stärker wirksame Medikamente nötig.
Sofern das Vorhofflimmern trotz Therapie wiederholt auftritt oder unter Vorhofflimmern mit einer schnellen Überleitung auf die Herzkammern die Pumpleistung der Herzkammern eingeschränkt ist, ist meist eine Ablation des Vorhofflimmerns angezeigt.
Dabei wird das Herz mit speziellen Kathetern sondiert und die verursachenden Zellen an den Lungenvenen, die in den linken Herzvorhof einmünden mit verschiedenen Verfahren verödet und somit elektrisch vom linken Herzvorhof isoliert. Dies kann sowohl mittels Kälte ("Cryo-Ablation"), Hochfrequenzstrom oder gepulsten elektrischen Feldern ("Pulsed Field Ablation") durchgeführt werden.
Um Schäden am Herzmuskelgewebe zu verhindern, wird hier stets "So wenig wie möglich, so viel wie nötig" Energie verwendet. Trotz einer hohen Erfolgsrate von ca. 80 bis 90% nach dem Ersteingriff, kann es im Verlauf zum Wiederauftreten des Vorhofflimmerns kommen. Dies ist dadurch bedingt, dass es im Zuge der Abheilung der verödeten Stellen und der Narbenbildung dazu kommen kann, dass die elektrische Leitfähigkeit wieder hergestellt wird, was dann zum Wiederauftreten des Vorhofflimmerns führt.
Während in den ersten sechs Monaten nach Pulmonalvenenisolation eine elektrische Kardioversion ausreichend ist, sollte beim Rezidiv nach mehr als sechs Monaten eine erneute elektrophysiologische Untersuchung mittels Katheter vorgenommen werden, und die wieder leitenden Stellen erneut verödet werden. Nach dem Zweiteingriff liegt die Erfolgsaussicht bei deutlich über 90%.
Falls bei Ihnen eine elektrophysiologische Untersuchung und Ablation ("Verödung") angezeigt ist, überweisen wir Sie in ein durchführendes Zentrum.
Was müssen Sie beachten
Grundsätzliche Therapiehinweise
Sofern Sie einen Blutverdünner mit zweimal täglicher Gabe (Apixaban / Eliquis® oder Dabigatran / Pradaxa®) erhalten, sollte dieser alle etwa zwölf Stunden eingenommen werden.
Sofern Sie einen Blutverdünner mit einmal täglicher Gabe (Edoxaban / Lixiana® oder Rivaroxaban / Xarelto®) erhalten, sollte dieser täglich zur gleichen Tageszeit, am besten morgens, eingenommen werden.
Eine unregelmäßige Einnahme reduziert den Schutz vor Schlaganfällen deutlich, senkt aber das Blutungsrisiko nicht wesentlich!
Vor einem beabsichtigen Absetzen oder Pausieren sollten Sie unbedingt ärztlichen Rat einholen.
Spezielle Hinweise zur Kardioversion
Bei einer geplanten Kardioversion beachten Sie bitte die folgenden Hinweise, da wir die Kardioversion sonst nicht durchführen dürfen:
- Am Tag der geplanten transösophagealen Echokardiographie und am Tag der Kardioversion müssen Sie zum Termin mindestens sechs Stunden nüchtern sein, also kein Essen, keine Getränke, kein Kaugummi, nicht Rauchen!
- Tabletten sollen jedoch mit einem kleinen Schluck stillem Wasser eingenommen werden.
- Die Überwachung nach der Kardioversion etwa vier Stunden. Dennoch dürfen Sie für 24 Stunden nicht aktiv am Straßenverkehr teilnehmen, das heißt Sie sollten sich abholen lassen.